10 Impulse und Forderungen für eine lebendige Kirchenmusikpraxis: Resolution „Kirchenmusik als Chance für Gesellschaft, Kultur und Kirche“ veröffentlicht

Am 22. Oktober 2022 hat die Mitgliederversammlung des Deutschen Musikrates (DMR) in Berlin die Resolution „Kirchenmusik als Chance für Gesellschaft, Kultur und Kirche“ diskutiert und einstimmig verabschiedet. Vorangegangen war am Vortag beim Kirchenmusik-Kongress, dem öffentlichen Teil der diesjährigen Mitgliederversammlung, ein intensiver Austausch im Rahmen von Arbeitsgruppen und einer Plenumsdiskussion zu den Inhalten der Resolution. Den Kongress veranstaltete der DMR gemeinsam mit der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland und mit Unterstützung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.

Hierzu Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates und Vorsitzender der AG Kirchenmusik: „Kirchenmusik gehört zur DNA unserer Kulturellen Vielfalt. Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für ein präsentes Kirchenmusikleben betrifft Staat, Zivilgesellschaft wie die Kirchen. Die Kirchenparlamente und -leitungen stehen in der Verantwortung, für bessere Rahmenbedingungen in der personellen und sächlichen Ausstattung zu sorgen. Mit der einstimmig verabschiedeten Resolution steht nun eine wirksame Berufungs- und Handlungsgrundlage für das künftige musik- und gesellschaftspolitische Engagement des Deutschen Musikrates und der beiden großen Kirchen für eine lebendige Kirchenmusikpraxis zur Verfügung.“

Der Kirchenmusik-Kongress fand große Resonanz: Etwa 150 Vertreterinnen und Vertreter der beiden Kirchen ebenso wie der Musikverbändelandschaft und der Medien nahmen an der Veranstaltung teil. Bei der zentralen Podiumsdiskussion, moderiert von der Leiterin des Programmbereichs Kultur des NRD, Anja Würzberg, tauschten sich Bischof Dr. Heiner Koch (Erzbischof von Berlin), Dr. Annette Kurschus (Vorsitzende des Rates der EKD), Christa Kirschbaum (LKMD der EKHN), Prof. Dr. Markus Hilgert (Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder) und Prof. Eberhard Metternich (Domkapellmeister Köln) über die aktuelle Situation der Kirchenmusik aus. Der Kongress, mit Ausnahme der Arbeitsgruppen-Phasen, wurde live gestreamt. Die Videoaufnahme steht in Kürze auf dem YouTube-Kanal des DMR zur Verfügung.

Berlin, 25. Oktober 2022
 

Resolution „Kirchenmusik als Chance für Gesellschaft, Kultur und Kirche“

In seiner Gesamtverantwortung für das Musikleben in Deutschland hat der Deutsche Musikrat in Zusammenarbeit mit der Evangelischen und Katholischen Kirche einen zweiten Kongress zu Situation und Chancen der Kirchenmusik abgehalten.

In Zeiten, in denen die Gesellschaft auseinanderzudriften droht, spielen Kultur und Bildung mehr denn je eine wesentliche Rolle für eine freie und demokratische Gesellschaft. Eine grundlegende Bedeutung kommt dabei auch der Kirchenmusik bzw. der Musik der Religionen zu. Sie ist nicht nur seit jeher Ausdruck und Vermittlerin des Glaubens, sondern steht mit ihrer Wirkungskraft allen offen.

In der fruchtbaren Spannung zwischen innerkirchlicher Funktion und künstlerischer Autonomie erfüllt sie wesentliche soziale Aufgaben und ist zugleich eine Säule der reichen Kulturellen Vielfalt unseres Landes. Immense Bedeutung kommt der Kirchenmusik auch für den Bereich der Amateurmusik zu. Über 800.000 Menschen sind in kirchlichen Ensembles und Chören engagiert. Dabei verkörpert die Kirchenmusik die Vielfalt der Musikgenres – vom Gemeindegesang über elaborierte vokale und instrumentale Musik bis zu komplexen Improvisationsformen und zeitgenössischen Neukompositionen einschließlich der Populären Musik.  Kirchenmusik ermöglicht die Begegnung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, Musiktraditionen und Kulturen und bildet eine tragende Brücke zum kulturellen Erbe ebenso wie zu einer wertebasierten Zukunft.

Der Kirchenmusik kommt nach wie vor eine grundlegende Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu. In Ensembles und Chören werden Gemeinsinn gestiftet, das Miteinander gestärkt und Selbstwirksamkeit und Bewusstseinsbildung gefördert; dies alles ist für die heutige Gesellschaft essenziell. Die Musik erreicht Menschen in einer beispiellosen Tiefe und Breite. Daher gilt es, die Rahmenbedingungen für eine lebendige Musizierpraxis der Kirchenmusik dauerhaft zu erhalten und zu stärken. Denn eine freie und offene Gesellschaft bedarf einer starken kulturellen Tradition und Teilhabe. 

In dieser Überzeugung formuliert der Kirchenmusik-Kongress die folgenden Erwartungen an die Zivilgesellschaft, die Politik und die Kirchen:

  1. Kirchenmusik – tragende Säule Kultureller Vielfalt: Die Bedeutung der Kirchenmusik im beschriebenen Sinne und entsprechend der UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen ist in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken. Dazu gehört ein ausbalanciertes Miteinander der drei Grundsäulen der Konvention – des Schutzes und der Förderung des kulturellen Erbes, der zeitgenössischen künstlerischen Ausdrucksformen und der anderen Herkunftskulturen.
     
  2. Kirchenmusik – Kulturelle Teilhabe für alle: Kirchenmusikalische Angebote müssen in allen Lebensphasen zur Verfügung stehen und eine Chance für Kulturelle Teilhabe für alle bieten.
     
  3. Kirchenmusik – Baustein Kultureller Bildung: Kirchenmusik ist bedeutender Baustein für Musikalische und Kulturelle Bildung. Sie bedarf der Präsenz in künstlerischen und anderen Schulfächern wie auch im außerschulischen Bildungsbereich. #MehrMusikInDerSchule
     
  4. Kirchenmusik braucht mediale Präsenz: Kirchenmusik muss mehr als bisher in ihrer ganzen Vielfalt im Rahmen des Kulturauftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks präsent werden, auch als journalistischer Gegenstand.
     
  5. Kirchenmusik – lebendiges musikalisches Erbe: Das musikalische Erbe ist ein Eingangstor zum Verstehen und Erleben der zeitgenössischen eigenen und anderer Herkunftskulturen und insofern identitätsstiftend. Die Verlebendigung und Vermittlung des kulturellen Erbes und seiner Ausdrucksformen müssen in Gottesdiensten und musikalischen Bildungsangeboten verstärkt werden.
     
  6. Kirchenmusik braucht Rückhalt in ihrer Kirche
    Die Kirchenleitungen und -parlamente müssen die Musik als integralen Bestandteil ihrer gesellschaftlichen Aufgabe erkennen und in ihre strukturellen Überlegungen für die Zukunft einbeziehen.
     
  7. Kirchenmusik stilistisch vielfältig in die Zukunft führen: Das Repertoire der Kirchenmusik muss erweitert werden. Unabhängig von Genre und Stilrichtung wird es in Gottesdiensten und Veranstaltungen darauf ankommen, dem emanzipatorischen religiösen Bildungsanspruch der Kirchen gerecht zu werden.
     
  8. Kirchenmusik – Faktor Ökonomie: Kirchenmusik ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und die Kirchen müssen ein fairer Arbeit- und Auftraggeber im Kulturbereich sein. Die Kirchenmusik bedarf einer gesicherten Finanzierung. Nur durch einen nachhaltigen strukturellen Rahmen und gesicherte Ausbildungsstrukturen wird eine qualifizierte Vermittlung der Kirchenmusik in der Verkündigung sowie im Bildungs- und Kulturleben ermöglicht und gesichert.
     
  9. Kirchenmusik braucht Haupt-, Neben- und Ehrenamt: Ohne eine valide Struktur hauptamtlicher Kirchenmusiker*innen kann ein ergänzendes Ehrenamtsengagement nicht gelingen. Eine schleichende Deprofessionalisierung in der Verantwortung für eine vielfältige und sachgemäße lebendige Kirchenmusik darf es nicht geben.
     
  10. Kirchenmusik – Berufsfeld mit Zukunft: Eine gesicherte Professionalisierung durch Aus-, Fort- und Weiterbildungen zu inhaltlichen, organisatorischen Themen und in der inner- und außerkirchlichen Kommunikation für die Haupt-, Neben- und Ehrenamtlichen wird nicht nur die gesellschaftliche Wahrnehmung, sondern auch die ökonomische Ausgangslage verbessern. Hierbei sind Politik, Zivilgesellschaft und Kirchen partnerschaftlich aufeinander angewiesen.

Berlin, 22. Oktober 2022

Die Mitgliederversammlung des Deutschen Musikrates

Ich bin ...

Musiker*innen können in den Ensembles des Deutschen Musikrates mitsingen oder mitspielen, dem Bundesjugendorchester, dem Bundesjazzorchester und dem Bundesjugendchor, an Wettbewerben teilnehmen. Mit vier weiteren Projekten im Bereich Förderung unterstützt der Deutsche Musikrat junge hochtalentierte Musiker*innen, Dirigent*innen, Komponist*innen und Interpret*innen zeitgenössischer Musik sowie Popmusiker*innen auf ihrem Weg in ein professionelles Musikerleben und schlägt eine Brücke zwischen Musiker*innen, Veranstalter*innen und Publikum. Zudem bietet das Deutsche Musikinformationszentrum (miz) eine zentrale Informationsstelle zu allen Themen des Musiklebens.

 

 

Der Deutsche Musikrat ist Träger der Wettbewerbe für Kinder und Jugendliche: Jugend musiziert und Jugend jazzt, der Wettbewerbe für professionelle Musiker*innen: dem Deutschen Musikwettbewerb, dem German Conducting Award (ehem. Deutscher Dirigentenpries) sowie dem Deutschen Chordirigent*innenpreis sowie den Wettbewerben für Amateurmusiker*innen: dem Deutschen Chorwettbewerb und dem Deutschen Orchesterwettbewerb.

Der Deutsche Musikrat e. V. ist Sprachrohr und Impulsgeber musikpolitischer Themen für seine Mitglieder.

Die zahlreichen Vorteile einer Mitgliedschaft im Deutschen Musikrat e.V. für Sie zusammengestellt. 

Unter derm Menüpunkt MEDIA finden Sie unsere Presseseite mit allen aktuellen Meldungen, unsere Presseseite mit den Pressekontakten und die Publikationen.

Zur Förderung der jungen Musiker*innen und Musiker in den Ensembles des Deutschen Musikrates gehört auch das Konzertieren auf der Bühne vor Publikum. Anfragen für Engagaments nehmen die Projektletiter*innen gern entgegen. Durch die Konzertförderung Deutscher Musikwettbewerb werden im Jahr ca. 200 Konzerte an Konzertveranstalter und Konzertreihen vermittelt.

Musikpädagog*innen finden Konzepte und Arbeitsmaterialien für den Musikunterricht bei den Vermittlungsprojekten des Podium Gegenwart. Aktuelle musikpolitische Entwicklungen und Studien finden sich im Themenbereich „Musikalische Bildung“ sowie Fachbeiträge dazu beim Deutschen Musikinformationszentrum.

Mit dem Deutschen Musikinformationszentrum bietet der Deutsche Musikrat eine zentrale Informationsstelle zu allen Themen des Musiklebens.