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Musikalische Bildung
Von Anfang an, ein Leben lang: Wir engagieren uns für eine kontinuierliche und qualifizierte musikalische Bildung für alle – denn Bildung bedeutet Zukunft.
Allen Menschen und insbesondere Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft, dem Bildungshintergrund und anderen Faktoren eine umfassende, ganzheitliche Bildung zu gewährleisten, muss das Ziel einer inklusiv und nachhaltig handelnden Gesellschaft sein. Die Bildungspolitik ist daher in der besonderen Verantwortung, Heranwachsenden an ihren Bildungsorten Zugang zu ihrem Kreativpotenzial und zur kulturellen Teilhabe zu verschaffen.
Das Engagement des Deutschen Musikrats für die musikalische Bildung ist eine Querschnittsaufgabe und leistet einen Beitrag dazu, unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu machen. Das Bewusstsein für die Bedeutung der musikalischen Bildung zu schärfen und entsprechende Konsequenzen im politischen Handeln durchzusetzen, steht daher im Zentrum der musikpolitischen Arbeit des Deutschen Musikrats. Zugleich sind zahlreiche der Projekte der DMR gGmbH in ihrer Förderpraxis dem Ideal einer lebenslangen musikalischen Bildung verpflichtet: vom Bundesjugendorchester, Bundesjazzorchester und dem Bundesjugendchor über das PopCamp und Forum Dirigieren bis hin zu den Wettbewerben in der Trägerschaft des DMR.
Empfehlungen zu Honoraruntergrenzen und angemessenen Vergütungen im Bereich der musikalischen Bildung und im Musikhochschulbereich
Musikalische Bildung spielt eine zentrale Rolle in der kulturellen Entwicklung und Persönlichkeitsbildung von Menschen aller Altersgruppen. Sie ist Teil der sozialen Daseinsvorsorge und muss im Sinne der Chancengleichheit für alle zugänglich bleiben. Musikpädagog:innen sind hochqualifizierte Fachkräfte, die seit Jahrzehnten eine wertvolle Bildungsarbeit leisten.
In Deutschland sind mehr als 25.700 Pädagog:innen im Musikbereich und über 7.000 Lehrbeauftragte an Musikhochschulen tätig.
Trotz ihrer wichtigen Arbeit spiegelt sich dies oft nicht in ihrer Vergütung wider. Viele freischaffende lehrende leben in prekären Verhältnissen und sind von Altersarmut bedroht. Das mittlere Einkommen von Musiklehrenden betrug im Jahr 2024 14.650 € brutto. Um die Existenz und die Qualität der musikalischen Bildung zu sichern, ist die Festsetzung von Honoraruntergrenzen notwendig. Mit einer angemessenen Honorierung wird der Wert der Arbeit anerkannt sowie die soziale Absicherung der Kulturschaffenden und das Berufsbild in der musikalischen Bildung gestärkt.
Die Empfehlungen sollen Anwendung im Bereich der aus öffentlichen Mitteln geförderten Projekte und Institutionen finden. In Kenntnis der landesspezifisch und regional unterschiedlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Situation, z.B. an Musikschulen oder Musikhochschulen, sind die Empfehlungen derzeit sicher nicht sofort umsetzbar, sollen aber mit Unterstützung der jeweiligen Mittelgeber sukzessive angestrebt werden.
Umsatzsteuerfreiheit von Musikunterricht erhalten!
Der im Juni vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für das Jahressteuergesetz 2024 sieht vor, dass das bisherige Bescheinigungsverfahren zur Befreiung von der Umsatzsteuer wegfallen und die Entscheidung darüber, ob Musikunterricht hochschul-/berufsvorbereitende „Bildungsleistung“ oder lediglich „Freizeitbeschäftigung“ (umsatzsteuerpflichtig) ist, ab 2025 den Finanzämtern obliegen soll. Die Konsequenz wäre nicht nur eine unnötige Bürokratisierung, sondern vielerorts auch eine unausweichliche Verteuerung der Angebote.
Gute Argumente und Hintergrundinformationen für das Schreiben finden sich im Positionspapier, das der Deutsche Musikrat gemeinsam mit 33 weiteren großen Verbänden und Initiativen unterzeichnet hat. Um das vielfältige kulturelle Leben in Deutschland zu bewahren, müssen etwa musikalische und kulturelle Bildung, aber auch künstlerischer Tanzunterricht und berufliche Weiterbildung weiterhin erschwinglich bleiben.
105.010 Personen haben innerhalb weniger Wochen die Petition „Qualifizierter Musikunterricht muss umsatzsteuerfrei bleiben!“ der Sängerin und Gesangslehrerin Saskia Saegeler (Mitglied im Bundesverband Deutscher Gesangspädagogen) unterzeichnet. Denn die drohenden Entwicklungen bezüglich des Jahressteuergesetzes 2024 hätten gravierende Auswirkungen auf den Bildungsbereich und stehen zudem im Widerspruch zur Zielsetzung im Koalitionsvertrag. Das Credo des lebenslangen Lernens als Voraussetzung für die Überlebensfähigkeit unserer Gesellschaft wird mit einer Verteuerung von Bildung durch Umsatzsteuer konterkariert.
Im Rahmen eines Pressegesprächs wurde die Petition im Deutschen Bundestag am 09. Oktober 2024 in gedruckter Form an Tim Klüssendorf, MdB und Sprecher der SPD für das Thema Umsatzsteuer, sowie Markus Herbrand, MdB und finanzpolitischer Sprecher der FDP, überreicht. Beide Abgeordneten sind Mitglieder im Finanzausschuss des Bundestags. Mit dabei waren neben DMR Generalsekretärin Antje Valentin weitere Spitzenvertreter:innen von Verbänden, deren Wirkungskreise unmittelbar von der anvisierten Änderung des Jahressteuergesetzes betroffen wären. Begleitet wurde die Veranstaltung musikalisch von der Drumtrainer Marchkapelle einer Berliner Schlagzeugschule.
Die Verbändevertreter:innen präsentierten zudem einen alternativen Gesetzgebungsentwurfmit begründeten Änderungen. Die Pressemitteilung mit den Statements aller beteiligten Spitzenvertreter:innen finden Sie hier.
„MULEM-EX“
In den letzten Jahren sind die Studienbewerbungen für Lehramt Musik deutschlandweit insgesamt deutlich zurückgegangen. Welche Gründe gibt es für diese fatale Entwicklung? Die bundesweite Studie „MULEM-EX“ (kurz für: „Musiklehrkräftemangel – eine explorative Studie“) gibt Antworten auf diese für die musikalische Bildung so drängende Frage.
Die „MULEM-EX“-Studie entstand auf Initiative des Ausschusses für Schulmusik in der Rektorenkonferenz der Deutschen Musikhochschulen, wird von der Bundesfachgruppe Musikpädagogik getragen und von der Rektorenkonferenz der Deutschen Musikhochschulen finanziert. Sie wurde über den Zeitraum von einem Jahr in Form von 70 Teilstudien mit mehr als 100 Forscher:innen an Universitäten, Musikhochschulen und Pädagogischen Hochschulen durchgeführt. Die Gesamtauswertung als Meta-Studie wurde von Prof. Dr. Andreas Lehmann-Wermser und Dr. Patrick Witte verantwortet.
Erhoben wurden in der Studie die Wahrnehmungen von jungen Studierenden in Bezug auf Zugangswege ins Studium, die Passung des Studiums und das Berufsfeld Musiklehrkraft. Zudem wurden aus den Erkenntnissen Handlungsoptionen für Schulen und Hochschulen abgeleitet.
Die Studie wurde am 03. Juni 2024 auf Einladung des Deutschen Musikrats bei einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.
#SchuleNeuDenken: mehr Musik!
Die desaströse Situation des schulischen Musikunterrichts und dessen problematische Zukunftsperspektive, wie sie in der Studie „Musikunterricht in der Grundschule“ evident wurde, sind durch die Corona-Zeit noch drastisch verschlechtert worden: etwa durch massiven Stundenausfall, die Verlagerung ins Digitale und eine Stigmatisierung des gemeinsamen Singens. Mit der Initiative #SchuleNeuDenken will der Deutsche Musikrat ein grundsätzliches Umdenken einleiten: Musik und den weiteren künstlerischen Fächern soll zukünftig eine zentrale Funktion in der individuellen Entwicklung Heranwachsender sowie bei der Teilhabe an kulturellen Verständigungs- und Aushandlungsprozessen zukommen. Nur auf der Grundlage solider Kenntnisse und reicher Erfahrungen können Heranwachsende die Vielfalt und existenzielle Dimension von Musik als Menschheitserbe und als individuelle und gesellschaftliche Bereicherung erleben. Musikalische Bildung kann überdies wesentlich zur interdisziplinären Vernetzung verschiedener Wissenschaften, Fachdisziplinen und Gesellschaftsbereiche beitragen.
#WasBrauchenUnsereKinder ?
Der Deutsche Musikrat akzentuiert derzeit in seiner Kampagne #WasBrauchenUnsereKinder?, zu welchen fundamentalen Fähigkeiten eine kontinuierliche und qualifizierte musikalische Bildung beiträgt – in den ersten Begegnungen mit Musik im frühkindlichen Alter ebenso wie später in der Schule und im außerschulischen Bildungsbereich. Ein Thema in acht Variationen, to be continued ...
Stellungnahme aus dem März 2023
Der Bundesfachausschuss Bildung hat die Stellungnahme #SchuleNeuDenken: mehr Musik! erarbeitet, die im März 2023 vom Präsidium des Deutschen Musikrats verabschiedet wurde. Darin werden in fünf Kernbereichen der musikalischen Bildung umfassende Maßnahmen zur Verbesserung der Situation formuliert und gefordert:
Um den Grundstein für eine gute musikalische Bildung auch schon im vorschulischen Bereich, etwa in Kindertagesstätten, zu legen, müssen Erzieher:innen in ihrer Ausbildung auch eine berufsfeldspezifische musikalische Qualifizierung erhalten.
Die Potenziale und Wirkungsdimensionen der künstlerischen Schulfächer müssen stärker berücksichtigt werden.
a. Die Stundenkontingente für die künstlerischen Fächer müssen erhöht werden, Schul-AGs rund um Musik und Musikleistungskurse in den Gymnasien müssen mehr Kapazitäten erhalten. Es müssen durchgängig wöchentlich zwei Stunden Musikunterricht und abiturrelevante Grund- und Leistungskurse angeboten werden.
b. Der kontinuierliche und qualifizierte Musikunterricht muss durch eine deutliche Erhöhung der Anzahl von Musik-Lehrkräften in allen Schulformen gewährleistet werden.
Die Zusammenarbeit zwischen den formalen, den nonformalen und den informellen Bildungsbereichen muss gestärkt werden. Dazu müssen auch die rechtlichen und verwaltungstechnischen Grundlagen und Vorschriften geschaffen werden, damit Schule nicht zwingend ortsgebunden stattfinden muss, sondern zum Beispiel auch in Kooperation mit Musikschulen vor Ort. Die Kooperationen zwischen Musikschulen und allgemeinbildenden Schulen müssen intensiviert werden.
Die Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Musikhochschulen müssen entsprechend ausgestattet werden, um bedarfsgerecht ausbilden zu können. Auf diesem Weg müssen die künstlerischen und pädagogischen Studiengänge und Forschungsabteilungen ausgebaut werden.
Best Practice-Beispiele im musikalischen Bildungsbereich sollen gefördert und sichtbar gemacht werden. Zudem bedarf es eines kontinuierlichen Monitorings aller musikalischen Bildungsbereiche mit ihren Bedarfen und Defiziten: von der Kindertagesstätte bis zur Erwachsenenbildung.
Zum Download:
Musikunterricht in der Grundschule
23.000 ausgebildete Musiklehrkräfte fehlen an deutschen Grundschulen - Tendenz steigend!
Im März 2020 haben der Deutsche Musikrat, die Konferenz der Landesmusikräte und die Bertelsmann Stiftung die gemeinsam initiierte Studie „Musikunterricht in der Grundschule – Aktuelle Situation und Perspektive“ veröffentlicht. Damit können Defizite in der musikalischen Bildung erstmals nicht nur vage benannt, sondern auf valider Forschungsgrundlage präzise dargestellt werden. So soll die öffentliche Diskussion über dieses wichtige Thema intensiviert werden. Es gilt, das gesellschaftliche Bewusstsein für die Unverzichtbarkeit einer kontinuierlichen und qualifizierten musikalischen Bildung für eine ganzheitliche Menschenbildung zu stärken und gemeinsam zu überlegen, wie dieses Ziel in einem überschaubaren Zeitrahmen erreicht werden kann.
Im Rahmen der Fachtagung #MehrMusikInDerSchule am 09. Oktober 2020, die sich mit den Ergebnissen aus der Studie „Musikunterricht in der Grundschule“ auseinandersetzte, wurden konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet.