Musik und Demenz
Als Teil der Bundesinitiative Musik und Demenz fordern wir mehr kulturelle und soziale Teilhabe für Menschen mit Demenz.
Die wachsende Zahl von demenzbetroffenen Menschen stellt eine der großen Herausforderungen für unsere Gesellschaft dar. Sowohl im Rahmen ihrer Behandlung, Pflege und Betreuung als auch mit dem Ziel, ihnen möglichst umfassende kulturelle und soziale Teilhabe sowie hohe Lebensqualität zu ermöglichen, sind die vielfältigen Potenziale von Musik entschlossener und deutlich stärker als bisher zu nutzen. Der Bedarf an dafür in Frage kommenden musikalischen und musikalisch-künstlerischen Angeboten, musikgeragogischen bzw. -pädagogischen Aktivitäten sowie musiktherapeutischen Interventionen wird in Einrichtungen der Altenhilfe sowie im häuslichen Umfeld bei weitem nicht gedeckt.
Aus diesem Grund haben der Deutsche Musikrat (DMR), die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft (DMtG) und die Deutsche Gesellschaft für Musikgeragogik (DGfMG) im September 2022 auf Initiative des Landesmusikrates Hamburg gemeinsam die Bundesinitiative „Musik und Demenz“ auf den Weg gebracht. Ziel der Initiative ist es, in ganz Deutschland bedarfsgerechte musiktherapeutische, musikgeragogische und musikalisch-künstlerische Angebote für Menschen mit demenziellen Veränderungen nachhaltig sicherzustellen.
Resolution „Musik für mehr Lebensqualität bei Demenz“
Am 29. März 2023 wurde die Resolution „Musik für mehr Lebensqualität bei Demenz“ der Bundesinitiative Musik und Demenz veröffentlicht. Darin wurden als zentrale Erwartungen und Forderungen an die politischen Akteure auf allen föderalen Ebenen benannt:
1.
Demenzbetroffene müssen überall in Deutschland Zugang zu qualifizierten Musikangeboten haben, z. B., indem sie mindestens einmal wöchentlich an einem qualifizierten Musikangebot teilnehmen können.
2.
In allen Landkreisen und kreisfreien Städten braucht es Anlaufstellen (z. B. Service-points, regionale Netzwerke), in denen qualifizierte Fachkräfte und Ehrenamtliche Musikangebote für Demenzbetroffene und ihre Angehörigen initiieren, auf- bauen und fördern, Fachpersonal und Ehrenamtliche für Musikangebote vermitteln, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Betreuungskräfte und Ehrenamtliche organisieren bzw. selbst anbieten.
3.
Die Bundesministerien für Gesundheit (BMG), für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), für Bildung und Forschung (BMBF) sowie die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) sind aufgefordert, unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesinitiative Musik und Demenz eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Entwicklung eines Konzeptes für notwendige Standards und Strukturen einzurichten.
4.
Dieses Konzept soll bis 2024 entwickelt, in die Nationale Demenzstrategie eingebettet und im Bundeshaushalt 2025 haushaltswirksam verankert werden.
5.
Die Ministerien BMG, BMFSFJ sowie die BKM sind aufgefordert, in einem gemeinsamen Schulterschluss eine bedarfsgerechte Finanzierung nachhaltiger Strukturen und geeigneter Projekte sicherzustellen.
6.
Die Ministerien BMG, BMFSFJ sowie die BKM initiieren ein Bündnis für Kulturelle Teilhabe Demenzbetroffener im Sinne des Bundesaltenplanes (Partizipation, Aktivierung der Potenziale und Unterstützung für selbstbestimmte Teilhabe).
Potenzialanalyse Musik & Demenz
Um ein konkreteres Bild und belastbare Daten von musikbasierten Angeboten für Menschen mit Demenz in Alters- und Pflegeheimen zu generieren, wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Alexander F. Wormit im Verbund der SRH Hochschule Heidelberg und der Universität Vechta über 15 Monate das Potenzial von musikbasierten Angeboten für Menschen mit Demenz erhoben. Die Ergebnisse wurden am Mittwoch, 29. März 2023 auf dem SRH-Campus in Heidelberg bei einem Symposium präsentiert und diskutiert:
Zum Download:
Stimmen zur Bedeutung von Musik bei Demenz

Wenn Erinnerung und Sprache erlöschen, kann Musik eine Brücke in die Gemeinschaft bauen. Sie unterstützt, ja sie ersetzt bisweilen Formen der Kommunikation, die durch fortschreitende Erkrankungen versiegen. Die Musiktherapie kann in vielen Bereichen dazu beitragen, dass Menschen wieder am sozialen Leben teilhaben, Freude empfinden und damit auch Linderung einer Erkrankung erfahren. Es geht nicht zuletzt um die Würde der Betroffenen und darum, dass sie die Gesellschaft nicht ausschließen und vergessen darf. Deshalb hoffe ich, dass die Ergebnisse der Potenzialanalyse zu einer größeren Aufmerksamkeit für die Musiktherapie und die Arbeit der Therapeutinnen und Therapeuten führen.“
Kulturstaatsministerin

Die besonderen Belange von Menschen mit Demenz sind der Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. Im Jahr 2022 waren in Deutschland bereits mehr als 1,8 Millionen unserer Bürgerinnen und Bürger von Demenz betroffen. Bedingt durch eine immer älter werdende Bevölkerung steigt die Gesamtzahl der Menschen mit Demenz kontinuierlich an – und damit auch der Bedarf der speziell auf die Bedürfnisse ausgerichteten Betreuung, Begleitung, Unterstützung und Pflege. Für Demenzerkrankte ruft Musik Erinnerungen und Gefühlsregungen wach, ermöglicht den Zugang zu einer Zeit, die ohne Musik nicht erinnert wird, verloren gegangen oder im Nebel zu schlummern scheint. Wenn Musik unser Leben lang ein steter Begleiter ist, so sollte man alles dafür tun, dass Musik auch in Pflegeeinrichtungen fest etabliert ist, zum Beispiel in Singkreisen oder auch in Form von Musik- und Kunsttherapien, bei Bewegungsübungen oder Sinnes- und Wahrnehmungsübungen.“
Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit

Musik kann gesundheitsfördernd und sogar therapeutisch wirksam sein! Dieses Potenzial ist in Deutschland bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Künstlerische Therapien stellen nicht nur, aber gerade für Menschen, die sich nicht gut verbalisieren können, eine große Chance dar. Sie können zur Heilung beitragen und, selbst wenn eine vollständige Genesung nicht mehr möglich ist, die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern. Auch für Menschen mit Demenz können diese Ansätze somit von großer Bedeutung sein. Schon heute sind Millionen von Menschen in Deutschland von Demenz betroffen und die Zahlen werden in Zukunft noch weiter steigen. Dem müssen wir präventiv begegnen und gesundheitsfördernde Lebenswelten schaffen, die das Risiko einer Demenzerkrankung verringern. Für Menschen, die bereits erkrankt sind, müssen passgenaue Hilfen ausgebaut werden, wozu auch kreative Therapieansätze gehören sollten. Durch den kreativen Zugang zu sich selbst, zum Denken, Fühlen und Wollen kann der Umgang mit der Krankheit und die Lebensqualität gestärkt werden. Deshalb halte ich die Bundesinitiative ‚Musik und Demenz‘ für so relevant und richtungsweisend.“
Vizevorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags