Eine musikalische Reise mit Musiker:innen aus 42 Nationen

Der World Youth Choir und das Bundesjugendorchester begeistern Europa

Es gibt Momente, die mit Worten kaum zu beschreiben sind. Der 18. August 2024 in Weikersheim war genau solch ein Augenblick: an diesem Tag trafen 84 Sängerinnen und Sänger aus 41 Ländern und 88 Musikerinnen und Musiker des Bundesjugendorchesters im idyllischen Weikersheim aufeinander. Für mich war es ein lang gehegter Traum, an so einem großen Projekt mit so vielen gleichaltrigen Musiker:innen teilzunehmen. 

Unter der Leitung von Jörn Andresen und Tan Dun stand auf dem Programm nichts Geringeres als Beethovens Neunte Symphonie, ein Werk, das in seiner Kraft und Bedeutung kaum zu übertreffen ist, und eine Neu-Komposition: „Nine“ von Tan Dun. Zwei Werke, die so unterschiedlich sind – und doch so vieles gemeinsam haben.  

Doch der Weg zu diesem außergewöhnlichen Konzert war kein einfacher. Ursprünglich für das Jahr 2020 geplant, musste das Projekt wegen der Covid-19-Pandemie um vier lange Jahre verschoben werden.
Die Sängerinnen und Sänger des World Youth Choir, viele von ihnen hatten in der Zwischenzeit die Altersgrenze von 26 Jahren überschritten, fanden sich nach dieser Zwangspause in einer neuen Zusammensetzung wieder.
Aus den Reihen von 2020 waren nur noch acht Alumni dabei. Wir standen vor der Herausforderung, die Tradition an eine neue Generation weiterzugeben. Gerade uns Section-Leader, die schon mehrfach mit dem Chor auf Tournee waren, haben einen herausragenden und -fordernden Job gemacht, um die vielen neuen Mitglieder des Weltjugendchors in die Chorgemeinschaft zu integrieren. Es hat ein paar Tage gedauert, bis sich alle wohlgefühlt haben, doch dann wurden wir schnell zu einer großen Familie. 

Die internationale Besetzung des Chors war nicht nur eine musikalische, sondern auch eine kulturelle Herausforderung. Unterschiedliche Stimmen, Temperamente und Ideale trafen aufeinander. Ich war beeindruckt von der Fähigkeit und Anpassungsfähigkeit des Chors. Wo Unsicherheiten bestanden oder Worte fehlten, wurde gesungen. Ständig und überall erklang Musik: beim Essen, in den Pausen, abends beim gemeinsamen Zusammensitzen. Es war für uns wichtig und besonders berührend, neben den eigentlichen Proben auch kleinere Konzerte geben zu können, zum Beispiel in der Kirche in Weikersheim, auf dem Weikersheimer Marktplatz oder in der Stadtkirche in Nagold. 
Und dann natürlich Beethoven! Beethoven mit solch einer Wucht, so vielen Menschen zu singen und gleichzeitig die Feinheit im A-cappella-Werk zu bewahren, das hat mich tief beeindruckt. Die Musiker:innen des BJO potenzierten dieses Gefühl. Während der Proben war die Kraft der Musik manchmal so überwältigend, dass selbst bei den erfahrenen Musikern Tränen flossen. „Die Hingabe und das Talent, das ich dort spürte, haben mich völlig überwältigt“, sagte eine Orchestermusikerin im Anschluss zu mir. 

Nach den intensiven Proben ging es auf Tournee. In zehn Tagen bereisten der World Youth Choir und das Bundesjugendorchester Deutschland, Amsterdam und Brixen in Italien. Höhepunkte waren die Konzerte im berühmten Concertgebouw in Amsterdam und in der Hamburger Elbphilharmonie. Es war eine Ehre, in einigen der größten Säle Europas auftreten zu dürfen. Aber auch die kleinen Kirchen im Schwarzwald oder das Konzert auf dem Marktplatz in der Beethovenstadt Bonn im Rahmen des Beethovenfests waren für mich als US-Amerikanerin mit ihrer einzigartigen Atmosphäre besonders. 
 

Doch nicht alles verlief reibungslos. Erkältungen, verstauchte Fußgelenke usw. gehören bei einer so großen Gruppe rein statistisch dazu. Und dazu ein enger Zeitplan: Auf der Konzerttour stand fast jeden Tag ein anderer Ort auf dem Plan, oftmals waren mehrere hundert Kilometer zu überwinden vor dem nächsten abendlichen Konzert. Auf dem Weg von Bremen nach Hamburg fiel plötzlich ein Bus, der einen Großteil des Chors transportierte, aus: Reifen platt. Mitten auf der Autobahn, an einem Sonntagnachmittag drohte der Zeitplan zu platzen. Doch ein Ersatzbus wurde schnell organisiert, und das Ensemble erreichte Bremen gerade noch rechtzeitig zur Generalprobe. Es war knapp, aber aufregend. Alle haben mit angepackt und Ruhe bewahrt. Auch solche Situationen prägen eine Gemeinschaft. 

Neben der Musik war auch der kulturelle Austausch ein zentraler Bestandteil der gemeinsamen Zeit. An den Abenden der Probenphase fanden sich die Musiker zusammen, um gemeinsam zu essen, Lieder und Tänze aus ihren Heimatländern zu teilen. Freundschaften wurden geschlossen, die weit über die Musik hinausgehen. Es entstehen neue Verständnisse für andere Kulturen und lebenslange Freundschaften. Die Erfahrung des Zusammenseins verändert den Blick auf die Welt: Es macht einen großen Unterschied, wenn man von Krisen in anderen Teilen der Welt hört und weiß, dass dort ein Freund lebt. 

Die Erinnerungen an diese intensiven Wochen werden bei allen Beteiligten lange nachklingen. Nicht nur wegen der musikalischen Höchstleistungen, sondern auch wegen der Menschen, die sie miteinander verbunden haben. Der World Youth Choir bleibt ein Symbol für kulturellen Austausch und musikalische Spitzenleistung – eine Erfahrung, die weit über die Musik hinausgeht.

Von Carly Wingfield (Sopranistin im Weltjugendchor, Illinois, USA)

Über den World Youth Choir

Der World Youth Choir ist eine internationale Institution, die seit 1989 junge Sängerinnen und Sänger im Alter von 17 bis 26 Jahren zusammenführt. Über 1.000 Sänger aus 75 Ländern haben seit seiner Gründung am World Youth Choir teilgenommen und in rund 300 Konzerten weltweit ihre Stimmen erhoben. 

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